Wien (OTS/IGGÖ) – Seit der Angelobung der neuen Bundesregierung im Jänner 2020 hat die IGGÖ mehrfach ihre Kooperationsbereitschaft bei der Bekämpfung jeglicher Form des Extremismus zugesichert und ihre Expertise bei der Auseinandersetzung mit Phänomenen, die einen islamisch-religiösen Hintergrund aufweisen, angeboten. Bedauerlicherweise ist dieses Angebot von politischen VerantwortungsträgerInnen konsequent ignoriert worden. Umso verwunderlicher scheint unter diesen Umständen die Behauptung aus dem Bundesministerium, es hätte im Vorfeld Gespräche mit der IGGÖ bezüglich der Etablierung der „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ gegeben.
Namhafte österreichische und internationale ExpertInnen unterschiedlicher Disziplinen sind im vergangenen Jahr bei der von der IGGÖ initiierten Fachtagung zum Thema „Politischer Islam – Versuch einer Definition“ zu dem Schluss gekommen, dass es keine anerkannte wissenschaftliche Definition des Begriffs gibt. Von einer Verwendung desselbigen haben sie daher nachdrücklich abgeraten. Die entsprechende Publikation mit Beiträgen unter anderem von den renommierten UniversitätsprofessorInnen John L. Esposito, Susanne Heine, Richard Potz, Oliver Hidalgo, Rüdiger Lohlker oder Sabine Schiffer kann jederzeit von der IGGÖ bezogen werden.
Dass trotz mehrfacher Kritik an dem unbrauchbaren Begriff des „politischen Islams“ nun bei der Betitelung der geplanten Dokumentationsstelle dennoch auf genau diesen zurückgegriffen wird, zeugt von einer rein politischen Zielsetzung. Auch die Auswahl der in die Planung bisher eingebundenen Personen bekräftigt diese Annahme. Die Zusammenarbeit mit der IGGÖ feindlich gegenüberstehenden Personen ist auch aufgrund ihrer jüngster Aussagen ausgeschlossen.
Bei der Pressekonferenz vergangene Woche hat Bundesministerin Raab erklärt, die Dokumentationsstelle richte sich gegen Netzwerke, Ideologien und ausländische Einflüsse, die oft „unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit die gelungene Integrationsarbeit gefährden“. Überdies sollen muslimische Vereine und Strukturen durchleuchtet werden. IGGÖ-Präsident Vural kritisiert diesbezüglich: „Der österreichische Rechtstaat ist mit ausreichenden Werkzeugen ausgestattet, um diese Herausforderungen zu stemmen. Der Verdacht liegt nahe, dass hier eine Art Überwachungsapparat für die muslimische Bevölkerung installiert wird. Wichtig ist es darauf zu achten, dass die Dokumentationsstelle nicht Bemühungen anderer Institutionen konterkariert.
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In den letzten Jahren hat sich in Österreich ein besorgniserregender Diskurs bezüglich der in Österreich lebenden Menschen mit Migrationshintergrund und insbesondere der muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern entwickelt. Der Antidiskriminierungsausschuss des Europarats (ECRI) zeigt sich in seinem kürzlich veröffentlichten Bericht besorgt über den zunehmend fremden- und islamfeindlichen öffentlichen Diskurs in Österreich und übt scharfe Kritik an der Bundesregierung. „Dass gerade jene Teile des Regierungsprogramms, die sich mit der Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung beschäftigen, nun in der Umsetzung der ursprünglich als „Dokumentationsstelle für Antisemitismus, den religiös motivierten politischen Extremismus und Rassismus im 21. Jahrhundert“ geplanten Stelle ausgespart bleiben, torpediert die Bemühungen um ein friedliches Zusammenleben und befeuert gerade jene radikalen Gegenbewegungen, die es zu bekämpfen gilt
“, so Vural abschließend.