Begegnung von Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen „einfach nur so…“ trägt wesentlich zu einem gelungenen Miteinander und sozialem Zusammenhalt bei. Diese Erkenntnis bestätigte sich beim Fest religiöser Minderheiten und Kulturen im Arkadenhof der Universität Wien am Sonntag, 26. Mai. Denn Gesprächsbedarf besteht – und vor allem das Bedürfnis, sich persönlich ein Bild vom scheinbaren Fremden, Anderen zu machen. Gerade, wenn populistische Zuspitzungen und das Bedienen von Feindbildern den öffentlichen Diskurs mitunter prägen. Dann tut es gut, miteinander zu reden anstatt „über den anderen“.
Die Islamische Glaubensgemeinschaft kooperierte bei diesem Fest mit den Evangelischen Kirchen (A.B., H.B. und methodistisch), der Buddhistischen Religionsgesellschaft, den Freikirchen in Österreich und der Alevitischen Glaubensgemeinschaft. Die Initialzündung für das Projekt war von der Altkatholischen Kirche ausgegangen.
Der Ökumenische Jugendrat beteiligte sich intensiv. So stärkten die verschiedenen Jugendorganisationen in der gemeinsamen Projektarbeit ihre guten Beziehungen zueinander. Die GJM – Gemeinschaft junger MuslimInnen – bot beim gemeinsam vorbereiteten Kinderprogramm einen stark frequentierten Hennastand. Beim kunstvollen Bemalen ergaben sich viele gute Gespräche, geführt von der Vorsitzenden Amila Candic und ihrem Team.
An den liebevoll gestalteten Ständen der Kirchen und Religionsgemeinschaften wurde deutlich, dass der jeweilige Mensch im Mittelpunkt stand.
Seitens der IGGÖ gab es ein buntes Angebot, gestaltet von rund 25 Personen, die viel Vorbereitungsarbeit investiert hatten:
- Das Lehrer/innen-Team JUSRA (Mehmet Altuntas und viele Kolleginnen und Kollegen) sorgte für eine gastfreundliche Atmosphäre, steuerte vielfältiges Anschauungsmaterial bei und garantierte eine professionelle Standbetreuung.
- Angela Himsl, Direktorin der Florian Hedorfer Schule hatte mir ihrem Lehrerinnenteam Demirci/Turgut gleichfalls wesentlichen Anteil am Gelingen – etwa durch Plakate, die zu Religionsfreiheit im Unterricht erarbeitet worden waren.
- Unter dem Motto „Komm auf den Teppich“ ließ sich bei türkischem Tee und Café themenbezogen ins Gespräch kommen – unter anderem zu muslimisch – jüdischem Dialog mit Hind Hafuda und Eidel Malowicki
- Kommunikation für blinde und hörbehinderte Menschen zeigte die Religionslehrerin Serife Korkmaz anhand diverser Materialien, die gerne ausprobiert wurden
- Den Vornamen in arabischen Buchstaben schreiben zu lassen, war ein Hit nicht nur bei Kindern. Shireen Shihabi fertigte wohl hunderte solcher Schildchen an und war gleichzeitig beliebte Dialogpartnerin
- In Kinderbüchern, den Religionsunterrichtsbüchern und diversen Koranausgaben unterschiedlicher Übertragung ließ sich ein Eindruck von der Religion gewinnen, während Mosh Zaherinezhad für Fragen zur Verfügung stand.
- Ein weiteres Highlight war der Ebru-Stand von Havva Dogan, wo sich die Kunst „schwimmender Bilder“ gleich ausprobieren ließ.
- Der Erste Imam der Religionsgemeinde Wien Ermin Sehic wurde gerne ins Gespräch gezogen.
Im Podiumsgespräch mit einigen Bildungsverantwortlichen wurde deutlich, dass es an vielen konfessionellen Schulen herausragende Initiativen zur Friedensbildung, zum Demokratieverständnis und zur Beschäftigung mit den Menschenrechten gibt. Das Interview führte Anita Kapeller mit der Direktorin der evangelischen Volksschule am Karlsplatz Susanne Kleeber, mit der Direktorin der altkatholischen Volksschule Marchtrenk Andrea Märzinger, mit Schulamtsleiter Armin Wunderli der Freikirchlichen Kirchen, mit der Direktorin der islamischen Volks- und Mittelschule Florian Hedorfer Straße Angela Himsl und der Vertreterin des Alevitischen Schulamts Nurten Kalayci.
Geboten wurden diverse Musikeinlagen, jeweils gestaltet von den teilnehmenden Religionsgemeinschaften. Das Ensemble der Rahmi Oruc Tekke bot sufische traditionelle Klänge mit Texten nach Mevlana Rumi und begeisterte mit deren Transformation in österreichische Hörgewohnheiten, Jodeln inklusive.
Am Podium trafen sich unter der Moderation von Astrid Mattes Vertreter:innen der Wiener Kirchen und Religionsgemeinschaften: Superintendent Matthias Geist (evang. A.B.), Bischöfin Maria Kubin (altkath.), Vorsitzender Franz Gollatz (freik.), Willy Weisz (IKG), Carla Amina Baghajati (islam.), Generalsekretär Johannes Kronika (buddh.) und Yeliz Luczensky (alevi.). Eine der drei Fragen drehte sich darum, ob interreligiöse Begegnung nur ein „interreligiöses Elitenprojekt“ sei. Einig waren sich alle, dass das Vermitteln des Wissens über Religionen, „auch in der Nachbarschaft“ (Kubin) und das Vertrautmachen mit den eigenen Wurzeln, die dann zu einer jeweils eigenen Entscheidung führen können, besonders wichtig ist. Interreligiöser Dialog lebt das „gute Miteinander vor“ (Kronika). Er ist „unverzichtbar, paradox und anstrengend“ (Geist), aber so wichtig, weil nach außen sichtbar wird, dass wir „miteinander reden können, ohne den anderen vom eigenen Glauben überzeugen zu wollen“ (Weisz). Als Feedback seitens der Besucherinnen und Besucher sei zu hören gewesen: „Das sollte es öfter geben, es ist wie ein Familienfest“ (Baghajati). So wird deutlich, dass „Religionen zum guten Miteinander beitragen“ (Gollatz) und es wichtig ist, „Gutes zu tun und darüber zu reden“ (Luczensky).
Den Abschluss dieses besonderen Festes bildete Musik einer alevitischen Musikgruppe. Ein Friedensimpuls, der alle anwesenden noch einmal im Kreis zusammenkommen ließ, beendete das Fest der religiösen Minderheiten und Kulturen.
Text von Katja Eichler (evang.) und Amina Baghajati (islam.)