Erste Stellungnahme der IGGÖ zu einzelnen Punkten im Regierungsprogramm ÖVP-SPÖ-NEOS
Ausbildung von islamischen Theolog:innen im Inland
Die IGGÖ begrüßt das im Regierungsprogramm formulierte Bekenntnis zur Stärkung der islamischen Theologie, Religionspädagogik und zur Kooperation bei der Ausbildung von Imamen. Wir sehen darin eine wichtige Chance, das lang geplante Vorhaben, Imame im Inland auszubilden, endlich umzusetzen. Dies bringt einen großen Mehrwert sowohl für die muslimische Gemeinschaft als auch für die gesamte österreichische Gesellschaft.
Klare Positionierung gegen Extremismus
Die IGGÖ unterstützt ausdrücklich die Zusammenarbeit mit religiösen Institutionen zur Entkräftung extremistischer Ideologien. Wir lehnen jede Form von Extremismus und Terrorismus entschieden ab und bringen uns aktiv in Präventionsprogramme ein. Die erfolgreiche Prävention erfordert jedoch effiziente Maßnahmen, eine nachhaltige Finanzierung sowie die enge Zusammenarbeit mit allen relevanten Akteur:innen in diesem Bereich. Wir stehen bereit, unsere Erfahrungen und Ressourcen in diesen Prozess einzubringen, um gemeinsam wirksame Strategien zur Deradikalisierung und Prävention zu entwickeln.
Interreligiöser und interkultureller Dialog als Brücke zwischen den Gemeinschaften
Besonders positiv bewerten wir den verstärkten Fokus auf interreligiöse und interkulturelle Begegnungen. Der traditionell wertschätzende interreligiöse Dialog in Österreich ist ein Vorbild für ganz Europa. Die IGGÖ hat stets daran mitgewirkt, Brücken zwischen verschiedenen Glaubensgemeinschaften zu bauen und das friedliche Miteinander zu fördern. Wir werden auch weiterhin aktiv an Projekten mitarbeiten, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und Vorurteile abbauen.
Wahrung der Religionsfreiheit und rechtsstaatliche Prinzipien
Bei aller Zustimmung zu Maßnahmen, die Transparenz und Kontrolle fördern sollen, mahnen wir jedoch an, stets eine ausgewogene Balance zwischen notwendiger Kontrolle und der Wahrung der Religionsfreiheit sicherzustellen. Insbesondere in Bezug auf die Schließung von Moscheen und Vereinen ist darauf zu achten, dass solche Entscheidungen transparent, rechtsstaatlich und nachvollziehbar getroffen werden.
Kopftuchverbot für unmündige Minderjährige
Die IGGÖ sieht das geplante Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren kritisch. Eingriffe in die religiöse Bekleidungsfreiheit stellen eine Beschränkung der Religionsfreiheit dar. Wie der VfGH bereits 2020 klargestellt hat, sind Verbote nicht der richtige Weg, um Integration zu fördern. Stattdessen setzen wir auf Aufklärung, Dialog und die Stärkung der Selbstbestimmung. Wir werden mit größter Sorgfalt beobachten, wie ein solches Verbot verfassungskonform umgesetzt werden soll.
Kritische Bewertung der Dokumentationsstelle Politischer Islam
Wir sehen die geplante Ausweitung der Rechte der Dokumentationsstelle Politischer Islam kritisch. Wichtig ist eine differenzierte und faktenbasierte Herangehensweise, die den „Politischen Islam“ nicht mit der gelebten religiösen Praxis der Mehrheit der Muslim:innen in Österreich gleichsetzt. Pauschale Verdächtigungen könnten die muslimische Gemeinschaft stigmatisieren und kontraproduktive Wirkungen haben.
Gemeinsame Verantwortung für ein friedliches Österreich
Die IGGÖ ist überzeugt davon, dass ein regelmäßiger Dialog zwischen der muslimischen Gemeinschaft, staatlichen Stellen und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen unerlässlich ist, um Missverständnisse abzubauen und gemeinsam konstruktive Lösungen zu erarbeiten. Wir stehen bereit, diesen Dialog aktiv mitzugestalten und unseren Beitrag für ein friedliches, respektvolles und vielfältiges Österreich zu leisten.