Am Samstag, den 18. Januar 2025, lud der Vorstand der Islamischen Religionsgemeinde Niederösterreich unter der Leitung ihres Vorsitzenden Murat Katik zu einer Versammlung der Moscheen im Bundesland Niederösterreich ein. Im Zentrum der Diskussion standen aktuelle Themen und Herausforderungen, insbesondere die politischen Entwicklungen auf Bundes- und Landesebene, die die muslimische Gemeinschaft betreffen.
Ein Schwerpunkt der Sitzung lag auf den jüngsten öffentlichen Äußerungen von Frau Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, die im Rahmen eines Statements von einem „Kampf gegen den Islam“ sprach. Diese Aussagen wurden von den Teilnehmer:innen der Versammlung mit tiefer Besorgnis aufgenommen und umfassend diskutiert, insbesondere hinsichtlich ihrer direkten und indirekten gesellschaftlichen Auswirkungen. Während aus weiten Teilen Österreichs Solidaritätsbekundungen gegenüber der muslimischen Gemeinschaft ausgesprochen wurden, herrschte in der Versammlung Enttäuschung darüber, dass entsprechende Bekundungen in Niederösterreich nur begrenzt wahrnehmbar waren.
Die Äußerung von Frau Mikl-Leitner wird als Herabwürdigung der mehr als 700.000 Muslim:innen in Österreich und als Beitrag zu einem gesellschaftlichen Klima der Angst, Diskriminierung und Spaltung gewertet. Selbst bei unterstellter Unüberlegtheit der Wortwahl wurde betont, dass politische Verantwortungsträger:innen die Würde und Rechte einer gesamten Bevölkerungsgruppe keinesfalls infrage stellen dürfen. Der Begriff „Kampf gegen den Islam“ wird als unvereinbar mit den Grundwerten einer pluralistischen, demokratischen Gesellschaft angesehen.
Die Versammlung hob hervor, dass Muslim:innen seit Generationen einen festen und integralen Bestandteil Niederösterreichs darstellen. Sie leisten in zahlreichen gesellschaftlichen Bereichen – darunter im Gesundheits- und Sozialwesen, in Bildung und Wissenschaft, im Handel sowie in der Kunst – essenzielle Beiträge. Insbesondere wurde betont, dass Moscheen weit über ihre Funktion als Gebetsstätten hinausgehen, da sie als soziale und kulturelle Zentren wirken, die Bildung, Integration und karitative Unterstützung fördern. Dies zeigte sich auch in der jüngeren Vergangenheit bei den Hilfs- und Spendenaktionen während der Hochwasserkatastrophen.
Die Teilnehmer:innen brachten ihre Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass diese langjährigen Bemühungen und das Engagement für ein friedliches Zusammenleben vielfach nicht angemessen gewürdigt werden. Im Gegenteil, es wurde ein zunehmender Anstieg antimuslimischer Diskriminierung und Vorurteile festgestellt. Verbale, physische und strukturelle Übergriffe gegen Muslim:innen in Österreich nehmen seit Jahren zu und werden in alarmierendem Maße dokumentiert. Dabei wurde die Rolle diskriminierender Äußerungen aus Politik und Medien hervorgehoben, die erheblich zu diesem Klima der Ausgrenzung beitragen und die muslimische Gemeinschaft pauschal unter Generalverdacht stellen.
Es wurde ausdrücklich hervorgehoben, dass extremistische Tendenzen jeglicher Art eine ernstzunehmende Bedrohung für den sozialen Frieden darstellen und uneingeschränkt abzulehnen sind. Gleichzeitig wurde jedoch die Bedeutung einer klaren Differenzierung betont: Zwischen den Taten einzelner extremistischer Akteure und der friedlichen Mehrheit der Muslim:innen muss deutlich unterschieden werden. Die Versammlung richtete einen Appell an die politischen Entscheidungsträger:innen, die Medien und die Zivilgesellschaft, mit dem Ziel, die Werte Respekt, Solidarität und Gleichberechtigung in der Gesellschaft zu stärken. Die Islamische Religionsgemeinde bekräftigte dabei ihre Bereitschaft, aktiv an einer Gesellschaft mitzuwirken, die von gegenseitiger Achtung und einem friedlichen Miteinander geprägt ist. Ein harmonisches Zusammenleben erfordere gemeinsame Anstrengungen auf Augenhöhe sowie im Geist des Dialogs und gegenseitigen Respekts.
Die Sitzung endete mit einem klaren Bekenntnis zur weiteren Förderung des Dialogs zwischen den Religionsgemeinschaften und der Mehrheitsgesellschaft. Ziel ist es, Vorurteile abzubauen, das gegenseitige Verständnis zu fördern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Niederösterreich und darüber hinaus nachhaltig zu stärken.