Mit Bedauern und auch mit Sorge nimmt die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) das gestern präsentierte Ergebnis der Regierungsverhandlungen bezüglich des Anti-Terror-Pakets zur Kenntnis. Dieses definiert einen neuen Straftatbestand für „religiös motivierten Extremismus“, der aber explizit auf den sogenannten „Politischen Islam“ abzielt. Es ist aber insgesamt die gegenständliche Novellierung des Islamgesetzes im Kontext eines Terroranschlags, die die ablehnende Haltung der politischen VerantwortungsträgerInnen gegenüber der muslimischen Bevölkerung in Österreich unübersehbar zu Tage legt.
Schon während der parlamentarischen Begutachtungsphase konstatierten bereits anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften, internationale Organisationen wie die OSCE und Amnesty International sowie eine Vielzahl namhafter JuristInnen, auch der Rechtsanwaltskammertag und nicht zuletzt sogar das Bundesministerium für Justiz selbst, dass im vorgelegten Gesetzestextentwurf zum Islamgesetz eindeutig eine Schlechterstellung im Vergleich zu anderen religionsrechtlichen Spezialgesetzen sowie gravierende Eingriffe in das Grundrecht auf Religionsfreiheit und in die inneren Angelegenheiten der IGGÖ vorliegen. Die Bundesregierung jedoch scheint diesen kritischen Stellungnahmen trotz der ausgewiesenen Expertise ihrer VerfasserInnen keine Beachtung schenken zu wollen. Der Gesetzestext soll der Plenarsitzung des Nationalrates schon demnächst – ohne nennenswerte Veränderungen zum Erstentwurf – zur Abstimmung vorgelegt werden.
„Die angedachten Verschärfungen im Islamgesetz stigmatisieren und kriminalisieren pauschal alle in Österreich lebenden Musliminnen und Muslime. Sie zielen aus Sicht der IGGÖ zweifelsfrei auf eine Kontrolle der gesamten muslimischen Community in Österreich ab. Der Gesetzesentwurf wird von uns daher auch weiterhin explizit als diskriminierend abgelehnt“, hält IGGÖ-Präsident Ümit Vural fest.
Das Angebot der IGGÖ, unterschiedliche Rechtsmeinungen sowie die Erfahrungswerte bezüglich der Herausforderungen bei der Implementierung des Islamgesetzes von 2015 im Rahmen einer gemeinsamen Fachkonferenz mit unabhängigen FachexpertInnen zur Diskussion zu stellen, wurde vom zuständigen Ministerium rundweg abgelehnt. Präsident Vural kritisiert die gesamte Vorgehensweise des Novellierungsprozesses aufs Entschiedenste: „Es ist sehr irritierend, unerklärlich und bedauerlich, dass das zuständige Ministerium auf unser Angebot nicht eingehen wollte. Wenn man schon die Glaubensgemeinschaft nicht in die Novellierung ihres eigenen Gesetzes miteinbeziehen möchte, hätte man offene Fragen zumindest von unabhängigen ExpertInnen klären lassen können, um eine sinnvolle Verbesserung des Islamgesetzes zu erwirken.“
Sollte das Islamgesetz nun tatsächlich in der vorliegenden Form verabschiedet werden, hält Vural rechtliche Schritte für nicht ausgeschlossen. „Mir wäre es wirklich lieber, wenn nicht jede, unsere Glaubensgemeinschaft betreffende Regierungsentscheidung zuletzt vor Gericht geklärt werden müsste. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass die politischen VerantwortungsträgerInnen doch einsehen, dass eine konstruktive Zusammenarbeit mit der IGGÖ für alle Beteiligten zielführender wäre und auf lange Frist – gerade was den Kampf gegen den Extremismus betrifft – unerlässlich ist.“, so der IGGÖ-Präsident abschließend.